Projektbeschreibung
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F Schicksale: Kinderarzt Dr. Herrmann NeumarkAudioguide

von Lea Dittbrenner und Signe Olesen

Dr. Hermann Neumark Straße Vor dem Südeingang der Lennépassagen befindet sich seit 2010 in den Boden eingelassen ein Stolperstein für Dr. Hermann Neumark und seine Familie. Inzwischen kann man auf vielen Gehwegen und Plätzen in weiten Teilen Europas auf Stolpersteine stoßen. In Deutschland wurden bis 2010 über 22.000 Stolpersteine verlegt, 67 davon in Frankfurt (Oder). Carsten Roman Höft vom Historischen Verein Frankfurt (Oder) ist eines der Gesichter hinter der Aktion Stolpersteine in Frankfurt und erklärt:

"Stolpersteine" sind eine Initiative und ein Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Ein "Stolperstein" ist ein 10 x 10 x 10 cm großer Betonstein, in den eine Messingplatte mit den vorher recherchierten Daten des Opfers eingesetzt ist. Der "Stolperstein", der im Gehweg vor der letzten Wohnadresse oder im näheren Umfeld dieser verlegt wird, gibt eine kurze Auskunft über das Opfer. Er soll zum Nachdenken anregen. Da "Stolpersteine" an allen Orten zu finden sind wird deutlich, dass der nationalsozialistische Terror überall seine Opfer gefunden hat.

Ilse und Hermann Neumark Dr. Herrmann Neumark ist Kinderarzt und hat seine Praxis im Haus Wilhelmplatz 24, Ecke Rosenstraße, an der jetzigen Südseite der Lennépassagen. Zusätzlich ist er auch als leitender Arzt des städtischen Kinderheimes in Frankfurt (Oder) tätig. Neben vielen anderen jüdischen Ärzten ist vor allem sein Name prägend für das Frankfurt der 1930er und 40er Jahre. Ada und Alfred NeumarkEr genießt bei den Frankfurter Bürgern großes Ansehen und Beliebtheit, weil er sich auch um die armen Kinder der Stadt bemüht.
Im Zuge der Machtübernahme der Nationalsozialisten muss Dr. Neumark auf Grund seines jüdischen Glaubens die Tätigkeit im städtischen Krankenhaus und Kinderheim aufgeben. Danach sind er und seine vierköpfige Familie vom Einkommen der Privatpraxis abhängig, weswegen die Familie nur noch über wenig Geld verfügt. Trotzdem entscheiden sie sich, im Gegensatz zu anderen jüdischen Familien dafür, Frankfurt nicht zu verlassen.
Die Tochter von Dr. Neumark, Ada Brodsky, beschreibt ihre Kindheit als Jüdin im Frankfurt (Oder) der 1930er Jahre in dem Bericht "Nach Hause vertrieben". Sie erzählt von einem Alltag, der von Anpöbelungen auf der Straße, Diskriminierungen und Einschüchterungen in der Schule geprägt ist:

"Ich entsinne mich an ein besonders unerquickliches, wenn auch vereinzeltes, Begebnis in der vierten Klasse der Volksschule. Unser Klassenlehrer, ein schneidiger junger Mann namens Klauer, der sich im allgemeinen recht freundlich den jüdischen Schülerinnen gegenüber benahm, rief mich während einer der Deutschstunden vor die Klasse, beorderte die "reinrassige" Kriemhild, sich neben mich zu stellen, verlangte von den Schülerinnen, uns genau und prüfend anzusehen und kommentierte dann: "Seht ihr, das ist Kriemhild, ein klassisch germanischer Typ, groß, blond, mit Langschädel, etwas langsam im Denken; daneben Ada, bei der alle Säfte und Kräfte auf typisch jüdische Art in den Kopf gegangen sind, auf Kosten aller anderen Qualitäten, wie ihr an dem verkümmerten Körper deutlich sehen könnt."

Obwohl diese Einschüchterungen in der Schule ein entscheidender Anteil der Kindheit sind, hat Ada auch viele Freundinnen in Frankfurt. Sie verteidigen sie und stellen sich auf ihre Seite, wenn man ihr Unrecht antut. Auch in Musik und Literatur findet Ada Brodsky einen Rückzugsort.

Die Diskriminierungen der Juden in Frankfurt nehmen immer weiter zu. Dr. Neumark bemüht sich nun doch um eine Auswanderung der Familie nach Palästina. 1937 ist diese Emigration aber bereits fast unmöglich. Nur für die Kinder Ada Brodsky und ihren Bruder gibt es eine Möglichkeit. Er geht im Rahmen seines Musikstudiengangs nach Jerusalem auf das Konservatorium. Sie kann mit einem Kindertransport nach Palästina fahren und erinnert sich später, wie sie sich darauf vorbereiten muss:

Auf einem Gut unweit von Berlin bereitete man uns auf unsere neue Existenz in Palästina vor. Wir arbeiteten im Haus, Garten und Feld, lernten Hebräisch, sangen, tanzten palästinensische Volkstänze und diskutierten das Blaue vom Himmel herunter. Als das Lager zu Ende war, enthüllte man uns, dass für uns fünfzig Kinder fünfundzwanzig Zertifikate bereit lagen. Die Leiter des Lagers, junge Leute von einundzwanzig Jahren mussten beschließen, wer fuhr und wer blieb. Zu ihrem Glück wussten sie damals nicht, dass sie über Tod und Leben zu entscheiden hatten.

Ada Brodsky wird als eines der fünfundzwanzig Kinder ausgewählt und muss sich von ihren Eltern verabschieden. Kurz darauf, in der Reichspogromnacht, wird ihr Vater Dr. Neumark festgenommen und nach Sachsenhausen gebracht.
Durch gute Verbindungen gelingt es jedoch auch ihm und seiner Frau ein halbes Jahr nach der Festnahme Zertifikate für die Ausreise nach Palästina zu bekommen.
Dr. Neumark stirbt 1947 in Palästina. Heute liegt ein Stolperstein zur Erinnerung an ihn und seine Frau am Wilhelmplatz 24 in Frankfurt Oder. Ada Brodsky lebt heute in Jerusalem und arbeitet als Übersetzerin deutscher Lyrik.

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A - Jüdische Anfänge
B - Alte Universität
C - Hebräischer Buchdruck
D - Heutige jüdische Gemeinde
E - Jüdisches Krankenhaus und "Judenhäuser"
F - Schicksale: Kinderarzt Dr. Herrmann Neumark
G - Synagoge
H - Jüdischer Friedhof
I - Schicksale: Familie Kurt Fellert
J - Gestapo-Leitstelle und Gruppe Hannemann
K - Architekt Konrad Wachsmann
L - Jüdische Unternehmer der Zwischenkriegszeit - Kaufhaus Hirsch
M - Jüdische Unternehmer der Zwischenkriegszeit - Bettfedernfabrik Neumann
N - Schicksale: Nissel Weißmann und Heinz Vater


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Stolpersteine Teil I
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Audioguide durch das jüdische Frankfurt (Oder)
(deutsch / 121MB)



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